Haiti-Hilfe
Das Jahrhundert-Erdbeben
Das folgenschwerste Erdbeben des 21. Jahrhunderts ereignete sich am 12. Januar 2010 am späten Nachmittag um 16:53 Uhr Ortszeit. Es dauerte kaum eine Minute an und hatte mehr als 300.000 Todesopfer zur Folge.
In der Haitianischen Hauptstadt Port-au-Prince sind zahlreiche bebaute Hänge abgerutscht. 1,8 Millionen Menschen sind plötzlich obdachlos, darunter 300.000 Verletzte und Schwerverletzte, und zudem unzählige Waisenkinder.
In einem der ärmsten Länder der Welt herrschen katastrophale und chaotische Verhältnisse.
Die Menschen haben bei der Suche nach Verschütteten meist nur ihre bloßen Hände zur Verfügung. Gewalt und Plünderungen eskalieren schnell.
Die Menschen flüchten aus den Städten auf unbebautes Land. Wird es womöglich noch stärkere Nachbeben geben? Wie können Helfer und medizinisches Personal angesichts des geschlossenen Internationalen Flughafens schnell und sicher die hilfsbedürftigen Menschen erreichen?
Viele Dörfer sind von der Außenwelt abgeschnitten, Unmengen an Medikamenten werden dringend benötigt.
Anestis Ioannidis, Präsident von Human Plus, ist schnell mit einer pragmatischen Lösung zur Stelle. Ioannidis: „Ein Hubschrauber ist bei der desolaten Infrastruktur in Haiti wie ein Sechser im Lotto. Nur so kann man garantieren, dass die vorhandenen Hilfsgüter ans Ziel gebracht werden können, wo sie dringend benötigt werden.“
Mit Unterstützung der zur BILD-Zeitung gehörigen Organisation „Ein Herz für Kinder“ und drei weiterer deutschen Hilfsorganisationen gelingt es Ioannidis, bereits wenige Tage nach dem Beben die „German Help One“, einen Helikopter der deutschen Heli Aviation, mit einem russischen Transportflugzeug vom Typ Iljuschin IL-76 in die Hauptstadt der benachbarten Dominikanischen Republik zu bringen.
Mit an Bord der Transportmaschine sind auch einige Tonnen Hilfsgüter wie Zelte, Verbandstoffe, Medikamente, Kindermilch und Kindernahrung.
Ein neues Kapitel in der Katastrophen-Hilfe ist aufgeschlagen: alle Hilfsorganisationen vor Ort sollen den deutschen Helikopter „German Help One“ über die Einsatzzentrale in Santo Domingo anfordern und nutzen können.
Ioannidis betont: „Aber auch die Ärzte und Sanitäter erreichen per Helikopter schnell und sicher die Hauptstadt Port-au-Prince und die umliegenden Katastrophengebiete. Und nicht zu vergessen – die Schwerverletzten! Sie können nur mit einem Helikopter ausgeflogen werden.“
Der Hubschrauber wird in den kommenden vier Monaten hunderte von Einsätzen fliegen. Auch ein an Degue-Fieber erkrankter Mitarbeiter einer französischen Hilfsorganisation kann in letzter Sekunde in eine Klinik in Santo Domingo geflogen und dort behandelt werden. Auch hier zählte jede Sekunde.
Am schwersten vom Erbeben betroffen ist die 30 Kilometer westlich von Port-au-Prince gelegene Stadt Léogâne mit einem Zerstörungsgrad von 90 Prozent. Die Feldkrankenhäuser sind überfüllt. Viele Patienten konnten erst nach Stunden oder sogar Tagen aus den Trümmern befreit werden. Viele leiden an Verletzungen der Wirbelsäule oder haben Arme und/oder Beine durch Quetschungen verloren.
Ioannidis (Foto links oben, 3. v.l.) aktiviert sein beachtliches Netzwerk für den guten Zweck. Mit Hilfe der Fluggesellschaft Air Berlin, der Amerikanischen Handelskammer in Österreich und der ÖBB RCA (Rail Cargo Austria der Österreichischen Bundesbahnen) sichert er den Transport für 60 Tonnen weiterer Hilfsgüter, die in Haiti mit dem Hubschrauber auch zu den Menschen in den entlegensten Regionen und abgeschnittenen Bergdörfern befördert werden.
Die Helikopter-Crew geht bis an die Grenzen des Menschenmöglichen. Die schrecklichen Schicksale, Verletzungen und Verstümmelungen der Erdbebenopfer setzen ihnen zu. Andererseits ist die Dankbarkeit der Menschen, insbesondere der Kinder, unbeschreiblich.
Die Kinder sind wohl die Hauptleidtragenden dieser Katastrophe. Tausende haben ihre Eltern verloren. Durch die nicht vorhandene Verwaltung oder Bürgererfassung ist eine Familienzusammenführung in den meisten Fällen fast unmöglich.
Die haitianischen Behörden gehen von erheblich gestiegenem Kinderhandel aus.
Nach dem viermonatigen Einsatz der „German Help One“ in Haiti ziehen wir Bilanz und können zurückblicken auf
- mehr als 350 Ambulanzflüge
- den Transport von über 2.400 medizinischen und anderen Hilfskräften
- die Verteilung von 400 Tonnen Hilfsgütern per Luftbrücke
Wir danken unseren Partnern, Unterstützern, den kooperierenden Hilfsorganisationen, dem medizinischen und logistischen Personal und allen anderen, die dieses Hilfsprojekt ermöglicht und zum Erfolg geführt haben.