Maikäfer flieg

Ein Gastbeitrag des Leiters der Nettetaler Hilfsorganisation Human Plus zu der Situation in Moria, Anestis Ioannidis

Maikäfer, flieg.
Der Vater ist im Krieg.
Die Mutter ist in Pommerland,
Pommerland ist abgebrannt.
Maikäfer, flieg.

Die meisten Deutschen kennen das Maikäfer-Lied, das vom Vater berichtet, der als Soldat auszieht und der wartenden Mutter im niedergebrannten Pommern des Dreißigjährigen Krieges. Aber warum gerät dieses Lied nicht in Vergessenheit? Liegt es an der Paradoxie des Textes dieses seltsamen Liedes?

Für mich hat das Lied eine erschreckende Aktualität, denn es weist schonungslos auf die Leidtragenden der Konflikte hin: die Kinder. Ein liebliches Wiegenlied und das nüchtern erzählte Grauen: Vater im Krieg. Mutter – wer weiß, wo. Alles weg und zerstört. Nur das Kind ist da – und es singt.

Kriege zerstören immer auch Kindheiten und sind aus diesem Grund auch nie zu gewinnen. Wenn auch der letzte Krieg in diesem Land über 70 Jahre her ist und es Maikäfer nur noch vereinzelt gibt: durch Moria hat das Lied erschreckende Aktualität.

Kinder verlieren in gefängnisähnlichen Zuständen ihre Kindheit, zerrissene Familien, die Väter vielleicht im Krieg, die Heimat – und nun auch das Lager abgebrannt.

Maikäfer, flieg.
Der Vater ist im Krieg.
Die Mutter ist in Moria,
Moria ist abgebrannt.
Maikäfer, flieg.

Das ist die Realität in diesen Tagen, die sich immer wieder irgendwo auf der Welt wiederholt. Und so ist es wie mit dem Lied, dessen Melodie doch eigentlich sehr lieblich kling: der Text versetzt den Hörer in Unruhe. Aus dieser Unruhe heraus müssen wir tätig werden und den Kindern helfen und ihre Kindheit retten.

Moria darf kein Platz für das öffentliche Bedauern werden, denn Bedauern alleine ist kein Plan. Hier zählen Taten und nicht das Warten auf den europäischen Konsens. Wir müssen dem Lied eine weitere, eine versöhnliche Strophe hinzufügen. Lange Zeit nach dem Dreißig Jährigen Krieg, in dem dieses Lied entstand, kam die Zeit des Humanismus, der das Denken und Handeln im Bewusstsein der Würde des Menschen und das Streben nach Menschlichkeit hervorhob.

Es wird Zeit für eine Renaissance des Humanismus, damit die Trostlosigkeit und Hoffnungslosigkeit dieser vertanen Kindheiten ein Ende hat.

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