Nässe, Kälte, Perspektivlosigkeit: Krieg und Flucht liegen hinter ihnen, auch die gefährliche Überfahrt von der Türkei nach Europa haben sie überstanden und leben nun in behelfsmäßigen Unterkünften unter Zeltplanen vor den Toren der griechischen Kleinstadt Mytlini im Flüchtlingslager Moria und warten.
Ursprünglich für 1.200 Menschen ausgelegt, ist rund um die ehemaligen Militärkaserne eine Zeltstadt mit rund 9.000 Bewohnern aus Kriegs- und Krisengebieten in Syrien, Afghanistan und afrikanischen Ländern entstanden. Sie alle warten dort auf eine Entscheidung der griechischen Regierung über ihren Asylantrag.
Mitte Januar war Anestis Ioannidis, Vorsitzender der Nettetaler Hilfsorganisation zum wiederholten Male auf der griechischen Insel Lesbos zu Besuch und informierte sich vor Ort über die Lage im Flüchtlingslager Moria. Die Frauen und Kinder erreichte gleichzeitig eine Human Plus-Hilfsgüterlieferung bestehend aus 2,5 Tonnen Mehl und einer Tonne Baby- bzw. Kindernahrung.
Stand by Lesvos
Insbesondere die Frauen und Kinder leiden unter der Situation und unter den Bedingungen im Lager. Hier setzt die Arbeit der lokalen Hilfsorganisation Stand by me Lesovs an, die wenige Gehminuten von der Unterkunft entfernt, ein Bildungsprojekt betreibt. Ins Leben gerufen hat es der Leiter der örtlichen Grundschule Mixalis Aviotis, der den Menschen gemeinsam mit Freiwilligen eine Perspektive geben möchte: „Bildung ist elementar“, sagt er, „und viele Frauen hatten bisher noch keinen Zugang zu Schulen und damit keine Möglichkeiten, Lesen und Schreiben zu lernen.“ Dies geschieht in kleinen Gruppen: Flüchtlinge oder griechische Freiwillige unterrichten dort wöchentlich bis zu 500 Frauen, während sich andere um die Betreuung der Kinder kümmern. Alle Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter von Stand by me Lesvos engagieren sich als Freiwillige.
Hilfe zur Selbsthilfe
Für Anestis Ioannidis war lange klar: „Das ist ein gutes Projekt, da müssen wir helfen!“. Damit die Schule weiterwachsen kann, unterstützt Human Plus mit Geldern den Erwerb eines weiteren Containers, indem eine kleine Nähwerkstatt eingerichtet werden soll. Damit haben die Frauen die Möglichkeit, dort unter Anleitung Kleidung auszubessern und neue Kleidungsstücke zu nähen. Außerdem ist die Einrichtung einer Schusterwerkstatt sowie eines Spielplatzes geplant. „Das ist ein erster Schritt, um den Frauen auf ihrem weiteren Weg neue Möglichkeiten aufzuzeigen. Davon profitieren auch die Kinder, sie sind neugierig und wollen unbedingt lernen.“ Auch ist geplant, Stifte und andere Schreibmaterialien für die Frauen zu Verfügung zu stellen.
Langfristige Zusammenarbeit
Stand by me Lesvos wird als lokale griechische Organisation vor Ort tätig bleiben und plant auch den Austausch zwischen lokaler Bevölkerung und Flüchtlingen zu intensivieren. Gerade dieser Ansatz ist auch für Human Plus wichtig, denn bei der Hilfe vor Ort geht es um Nachhaltigkeit und langfristige Kooperation mit lokalen Partnern.
Oben: Die Zustände im Flüchtlingslager sind katastrophal. Insbesondere Frauen und Kinder leiden unter dieser Situation.
Unten: Human Plus versucht u.a. mit der Verteilung von Hilfsgütern wie z.B. Mehl und Kinder- bzw. Babynahrung die Not zu lindern.